Hospitation in Tallin
Tallin, August 2023
Von 7. bis 10. August 2023 hatte ich die Möglichkeit, im Rahmen eines Erasmus Plus-Aufenthalts in die Bibliothekenlandschaft Nordosteuropas hineinzuschnuppern.
Meine Reise führte mich in den nördlichsten der drei baltischen Staaten, die kleine Republik Estland. Hier leben weniger Menschen als in Niederösterreich, die sich noch dazu in einer für mitteleuropäische Verhältnisse exotischen Landessprache unterhalten. Englisch ist aber in den größeren Städten weit verbreitet. Estland bietet vor allem viel Meer, Wald und unberührte Natur. Dachte ich zumindest. Ja, das stimmt auch. Die Betonung liegt hier auf »auch«. Tallinn, die Hauptstadt Estlands, ist mit seinen knapp 500.000 Bewohnern und Bewohnerinnen eine moderne Großstadt, in der sich alt und neu völlig unverschämt nebeneinander präsentieren, so wie auch moderne Wolkenkratzer neben postsowjetischen Architektursünden und glitzernde Shoppingcenter neben schönen, alten Holzhäusern.
Ich durfte in eine etwas »andere« Bibliothekenlandschaft hineinschnuppern. Innerhalb von vier Tagen konnte ich fünf Zweigstellen der Städtischen Bibliotheken besuchen und mich mit den estnischen Kolleginnen (und ja, es waren in der Tat ausschließlich Kolleginnen) unterhalten. Auch in anderen Ländern ist das Berufsbild Bibliothekar bevorzugt weiblich besetzt.
Ziel meines Job Shadowing war, Einblicke in Arbeitsweisen und Möglichkeiten zu bekommen, wie man das Konzept Bibliothek in einer durchdigitalisierten Welt leben und bewerben und zugleich nahe am Kunden bleiben kann. Es bedarf dabei neben sehr viel Engagement vonseiten der Bibliothekarinnen (wenig überraschend). Aber auch der Träger sollte ein Mindestmaß an Interesse – nicht nur in monetärer Hinsicht – zeigen. Hier besteht in Österreich an vielen Standorten deutlicher Aufholbedarf. Bibliotheken dürfen und müssen Präsenz zeigen. Zielgruppen wie Jugendliche (nicht nur in Österreich schwer zu erreichen) brauchen Angebote, damit sie die Bücherei als Ort von Begegnung, Bildung und Entwicklung ihrer Persönlichkeit kennenlernen können. Hierin lag auch einer der Schwerpunkte – wie gelingt es, junges Publikum in die Bücherei zu bekommen? Ich habe in Tallinn viele, über alle Maßen engagierte Kolleginnen kennengelernt, die die unzähligen Möglichkeiten erkannt haben, die in digitalen und sozialen Medien liegen. Sie erhalten aber auch die dafür notwendige Unterstützung.
Fazit meines Job Shadowing in wenigen Worten: Ich selbst habe gesehen, welch vielfältige Möglichkeiten – Stichwort »Library of things« Bibliotheken heutzutage haben und anbieten können. Darüber hinaus habe ich auch von meinen Gastgeberinnen ein sehr warmes, persönliches Feedback bekommen Zum Abschluss möchte ich Gabriela Popovici danken, die mir mit den ersten Schritten in Richtung Estland geholfen und mit den Kolleginnen in Tallinn Kontakt aufgenommen hat
Darüber hinaus will ich noch Jaanika Tappo, Tiina Põldmaa und allen anderen Mitarbeiterinnen in Estland danken, die mich herzlich empfangen und mir ihre Bibliothekenwelt nähergebracht haben.
Der Autor des Berichts, Norbert Stiasny (Stadtbücherei Eggenburg/NÖ), hat zwischen 7. und 10. August 2023 über das Programm Erasmus+ ein Job Shadowing in der Hauptbibliotek in Tallin absolviert.